Über GAEDE & seine Erfindungen
Wolfgang Max Paul Gaede
war Physiker und Wegbereiter der modernen Vakuum-Technik
„Wenn ich aus wissenschaftlichem Interesse einer Idee nachgehe,
springt immer eine Erfindung dabei heraus.“
Wolfgang Gaede – Biografie
25.05.1878 |
geboren in Lehe (Bremerhaven) | |
ab November 1896 |
Abitur in Freiburg Studium in Freiburg, zuerst Medizin, dann aber Physik |
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1901 |
Promotion an der Universität Freiburg (i. Br.) Thema der Doktorarbeit: Über die Änderung der spezifischen Wärme der Metalle mit der Temperatur |
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1905 |
Erfindung der Quecksilber-Hochvakuum-Pumpe | |
29.03.1908 |
Erteilung des Patents Rückschlagventil für die Austrittsöffnung von Kapselpumpen zur Förderung von Gasen |
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03.01.1909 |
Erteilung des Patents Rotierende Vakuumpumpe (Patent zur Molekular-Luftpumpe) |
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1909 |
Habilitation an der Universität Freiburg (i. Br.) Thema: Über die äußere Reibung der Gase Privatdozent an der Universität Freiburg (i. Br.) Adresse: Freiburg (i. Br.), Zasiusstr. 43 |
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25.09.1913 |
Erteilung des Patents Vorrichtung zum Evakuieren (Patent zur Diffusionspumpe) |
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ab 01.10.1913 |
Außerordentlicher Professor an der Universität Freiburg (i. Br.) | |
01.08.1914 |
Beginn des ersten Weltkriegs | |
09.11.1918 |
Ende des deutschen Kaiserreichs | |
14.08.1919 |
Die neue deutsche Reichsverfassung tritt in Kraft. Beginn der Weimarer Republik |
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ab 01.10.1919 |
Ordentlicher Professor für Physik an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Wohnung und Laboratorium in Karlsruhe, Adresse ab 1927: Karlsruhe, Bachstr. 5 |
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30.01.1933 |
Adolf Hitler wird deutscher Reichskanzler. Ende der Weimarer Republik Gaede steht den neuen Machthabern und ihren Organisationen äußerst kritisch gegenüber. |
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ab September |
Ermittlungen und Verfahren gegen Gaede wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ | |
30.06.1934 |
Gaede geht „freiwillig“ in den Ruhestand. | |
22.12.1935 |
Erteilung des Patents Ein- oder mehrstufige Vakuumpumpe zur Erzeugung tiefer Drücke zum Absaugen von Dämpfen und Gas-Dampf-Gemischen (Patent zum Gas-Ballast-Prinzip) |
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01.09.1939 |
Beginn des zweiten Weltkriegs Gaede verlässt Karlsruhe und zieht – mit Laboratorium – nach München. |
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ab Januar 1940 |
Wohnung in München, Adresse: München, Ungererstr. 70 |
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ab Mai 1940 |
Laboratorium in München, Adresse: München, Bavariaring 26a |
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12.07.1944 |
Gaedes Laboratorium wird bei einem Bomben-Angriff vernichtet. | |
08.05.1945 |
Ende des zweiten Weltkriegs in Europa | |
24.06.1945 |
Gaede stirbt in München an einer Diphterie-Erkrankung. | |
28.06.1945 |
Beerdigung auf dem Münchener Waldfriedhof Die Grabrede hält Arnold Sommerfeld. Original Textdokument "Grabrede des Herrn Geh.Rat Sommerfeld" (PDF) |
Wolfgang Gaede – Ehrungen
1909 |
Die Goldene Elliott-Cresson-Medaille des Franklin Institute in Philadelphia |
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1932 |
Die Duddell-Medaille der Physical Society of London |
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1934 |
Der Siemens-Ring der Siemens-Ring-Stiftung |
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25.05.1943 |
Zum 65. Geburtstag von Wolfgang Gaede gibt die „Zeitschrift für technische Physik“ ein Gaede-Heft heraus. | |
1969 |
Zum Gedenken an Wolfgang Gaede wurde 1969 ein Hörsaal der Karlsruher Universität nach ihm benannt. | |
1993 |
Die Wolfgang-Gaede-Straße auf dem Universitäts-Gelände in Karlsruhe wurde 1993 nach ihm benannt. | |
seit 1984 |
Die GAEDE-Stiftung trägt seinen Namen. |
Über Wolfgang Gaede
von Dr. Manfred Dunkel
Köln, den 27.3.1985
Wolfgang Gaede war kein politischer Mensch, ihn interessierte seine Wissenschaft, aber nicht die Politik. Trotzdem hörte das Ausland nicht auf, seine Arbeit durch hohe Auszeichnungen zu ehren. So war ihm im Jahre 1932 die Duddlee -Medaille der englischen physikalischen Gesellschaft verliehen worden, und Gaede war Anfang 1933 nach London gefahren, um die Medaille entgegenzunehmen. Er ahnte nicht, daß er schon in den vorangegangenen Monaten von seinen beiden Privat-Assistenten bespitzelt wurde. Jedes Wort, das Gaede zu den damaligen politischen Verhältnissen fallen ließ, wurde von ihnen aufgeschrieben und in regelmäßigen Berichten der späteren Gauleitung zugeschickt.
Als nun Gaede nach London fuhr, um seine Medaille abzuholen, war bei den nationalsozialisten heller Aufruhr. Ihre Meinung: Er flieht jetzt, weil er den Wandel der Verhältnisse voraussieht. Um so überraschter waren sie, über seine Rückkehr und daß er gar nicht viel Aufhebens über die Auszeichnung machte. Inzwischen waren die Nat.-Sozialisten zur Macht gekommen und überwachten Gaede jetzt sorgfältig. Dieser gab ihnen ein weiteres Rätsel auf. Er besaß ein Segelboot auf dem Bodensee und fuhr zu Beginn der Ferien nach Meersburg. Darauf machten sich die Nazis folgenden Vers: "Aha, er will auf besonders geschickte Weise in die Schweiz flüchten!" Bevor er dann anschließend an die italienische Riviera reiste, fragte er noch mal telefonisch beim Rektor an, ob irgend etwas Wichtiges passiert sei. Der Rektor: "Sie müssen schleunigst zurückkommen, gegen Sie schwebt ein Verfahren. Wenn Sie mir nicht noch mitgeteilt hätten, daß Sie ins Ausland verreisen wollen, wären sie an der Schweizer Grenze verhaftet worden. Kommen Sie schleunigst nach Karlsruhe, um sich zu rechtfertigen.
Gaede fuhr nach Karlsruhe zurück, verwundert und gespannt, was man ihm vorwerfen würde. Er erfuhr, daß gegen ihn politische Vorwürfe erhoben würden. Mit einem persönlichen Freund, einem Rechtsanwalt, der aber Nationalsozialist war, sprach er die Sache durch. Zunächst liefen die Verhandlungen mit der Partei über diesen Anwalt. Der erhielt jedoch nur ganz dunkle Andeutungen.
Ich war inzwischen auch unterrichtet worden und hatte darüber nachgedacht, wie ich helfen könne. Da fiel mir Johannes Stark ein, der als Nobel-Preisträger den „Stark-Effekt“ experimentell bewiesen hatte und nun Präsident der damaligen deutschen Reichsanstalt für Maße und Gewichte war. Ich hatte ihn kurze Zeit vorher aufgesucht, um ihn zu der neuen Stellung zu beglückwünschen und gleichzeitig meine Firma in Erinnerung zu bringen. Dabei hatte Stark sehr viel über Gaede gesprochen, ihn in den höchsten Tönen als ein brillantes Beispiel für einen großen Naturwissenschaftler gepriesen. Er versprach mir, sich sofort zu erkundigen, aber ich erfuhr weiter nichts von ihm.
Als jedoch im Herbst 1933 die Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft stattfand, ließ er mir mitteilen, daß er anwesend sein würde und gerne selbst mit Gaede sprechen wollte.
Ich arrangierte dies natürlich, zum Erstaunen der Physiker, die davon erfuhren. Sie meinten, ich solle Gaede diese Erniedrigung ersparen, weil sie sich nicht vorstellen konnten, daß man von Johannes Stark etwas anderes erfahren könne. Als ich dann am ersten Tage zum Mittagessen im Hotel erschien zusammen mit Stark und Gaede, waren alle Physiker so erstaunt, daß vollkommenes Schweigen eintrat. Man hätte ein Blatt Papier fallen hören können. Wir unterhielten uns sehr lebhaft und fröhlich. Ich bestellte eine besonders gute Flasche Wein und zog nach dem Essen mit den beiden einträchtig wieder ab.
In Karlsruhe nahm die Angelegenheit ihren Lauf. Gaede erhielt einen Fragebogen, den er wahrheitsgemäß ausfüllte. Die Frage, ob er Mitglied der NSDAP sei, beantwortete er natürlich mit „nein“
Zur gleichen Zeit traf ein Telegramm aus Berlin ein mit der Nachricht, daß Gaede für seine besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Physik der „Siemensring“ verliehen worden sei. Erst verschlug es den Nat.Soz. die Sprache, dann aber kam bei einem Gespräch zum Schluß heraus: "Was geht uns Berlin an, wir werden Gaede jetzt gerade weiter verfolgen. Gaede wurde wieder geladen. Viele Fragen wurden an ihn gestellt, darunter auch die Frage, ob er Hitlers „Mein Kampf" gelesen hätte. Gaede verneinte als ob dies die natürlichste Sache der Welt wäre. Daraufhin wurde die Sitzung abgebrochen. Man wagte nicht, Gaede an den Kragen zu gehen, sondern verabschiedete ihn nach§ 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums mit
voller Pension. Einer der beiden Assistenten von ihm wurde kommissarischer Leiter des Physikalischen Institutes, aber er war eine solche Null, daß er nur eine untergeordnete Stellung erhielt. Gaede und ich waren trotzdem fröhlich, denn nunmehr konnte er seine ganze Arbeitskraft für Leybold einsetzen.
Original Textdokument "Manfred Dunkel über Wolfgang Gaede" (PDF)